Gayatri Mantra

Freie Übersetzung und Interpretation eines Mantras

von Anantadas Günther Büsseler

 

OM BHUR BHUVAH SWAH

TAT SAVITUR VARENYAM

BHARGO DEVASYA DHIMAHI

DHIYO YO NAH PRACHODAYAT

 

Throughout the experience of Life "THAT" essential nature illuminating existence is the Adorable ONE. May all beings perceive through subtle and meditative intellect the brilliance of enlightened awareness (Gayatri Meditation, Sangha ShantiMayi).

Übersetzung: Die gesamte Erfahrung des Lebens hindurch ist "DAS" allem zugrundeliegende Natur, alles enthüllende Dasein, das erfüllende EINE. Mögen alle Wesen durch feinen und meditativen Verstand die Genialität eines erleuchteten Bewusstseins erfahren. (Anantadas)

Freie Übersetzung des Gayatri Mantras: Der Ursprung und die Wesensgrundlage des vollständigen Daseins und der gesamten Erfahrung des Lebens hindurch ist "DAS" alles hervorbringende und nährende, verehrungs- und anbetungswürdige, aufklärend erhebende, das glanzvoll strahlend erfüllende EINE. Mögen alle Wesen zu höherer Einsicht und Weisheit geführt werden und durch feinen, klaren, wachen und meditativen Verstand die Genialität eines erleuchteten Bewusstseins erfahren. (Anantadas)

Gayatri - heiligster Vers des Rigveda, wendet sich an die Sonne als Beleber und Inspirator aller Wesen (Savitri), Gayatri wendet sich an die höchste Intelligenz, die Quelle allen Lichts, mit der Bitte, die begrenzte Intelligenz des Individuums zu beleben, zu nähren und zu inspirieren. Tat savitur varenyam bhargo devasya dhimahi dhiyo yo nah pracodayat - Wir versenken uns in den erhabenen Glanz des Gottes Savita, der unsere höhere Einsicht inspirieren möge! (Spirituelles Wörterbuch)

Wir meditieren über den Ruhm jenes Ishwara, der das ganze Universum erschaffen hat, der würdig ist, verehrt zu werden, der eine Verkörperung des Wissens und des Lichtes ist, der Sünden und Unwissenheit beseitig. Möge er unseren Intellekt erleuchten. (Meditation und Mantras)

Wir meditieren über Gott, der das physische, astrale und kausale Universum erschaffen hat, der das höchste Selbst ist, der verehrungswürdig ist, der das Unwissen beseitigt und alles mit seinem Licht erfüllt. Möge er unseren Geist (Intellekt) erleuchten. (Kirtan Heft, Yoga Vidya)

OM - Ursprung der Schöpfung des Universums; Ausdruck des Absoluten; Verbindungspunkt zwischen absoluter und relativer Welt; Träger aller Daseinsebenen; Manifestation der spirituellen Kraft;

Bhur - Erde; Erdenwelt; materielle Daseinsebene

Bhuvah - Welt zwischen Erden- und Himmelswelt; astrale Daseinsebene

Swah - Himmelswelt; reiner Bewusstseinszustand; kausale/göttliche Daseinsebene

Tat - DAS; Absolute; Unendliche; Alles umfassende und alles beinhaltende

Savitur - Schöpfer

Varenyam - verehrungswürdig; anbetungswürdig

Bhargo - Glanz; Ruhm; Beseitiger der Unwissenheit

Devasya - glänzend; scheinend; strahlend

Dhimahi - Intuition; Meditation; Schaukraft; höhere Einsicht; Wir meditieren

Dhiyo - Intellekt; Verstehen yo nah pracodayat - Welcher unsere höhere Einsicht inspirieren möge

Yo - Der; Wer; Welcher

Nah - Unser

Prachodayat - erleuchten; führen; antreiben

Auszüge aus der deutschen Übersetzung des Buchs "Sadhana" von Swami Shivananda, für eine allgemeine Verständlichkeit sind Fachausdrücke und Worte in Sanskritsprache sinngemäss ins Deutsche übertragen (von Anantadas), Ergänzungen stehen alleine oder die original Textteile direkt hinter der Übersetzung In () Klammern.

Gayatri Sadhana (Spirituelle Praxis der Gayatri Mantra Rezitation)

Philosophie des Gayatri Sadhana

Von allen Mantren ist die höchste und machtvollste Kraft aller Kräfte das grosse glorreiche Gayatri Mantra. ...In der Tat, Gayatri ist eine undurchdringliche spirituelle Rüstung, eine wahre Festung, die ihren Verehrer bewahrt und beschützt, ihn göttlich macht und ihm mit dem strahlenden Licht der höchsten spirituellen Erleuchtung segnet. ..., die regelmässige Wiederholung einiger Runden (Malas<) des Gayatri täglich wird dir alles schenken, was für dich verheissungsvoll und hilfreich ist, jetzt und später.

...es ist nichts anderes als ein aufrichtiges Gebet um Licht, das sich an den allmächtigen, höchsten Geist richtet. Es ist wahrlich das einzige transzendentale Leitlicht für die Menschheit. Es liegt in der Natur des (Lichtes) Gayatri, dass es in jeder beliebigen Form und in jedem beliebigen Namen verehrt und angebetet werden kann.

...dieses "Tat Savituh", diese Sonne, ist die grosse Sonne, die nicht von dieser Sonne und diesem Mond erhellt wird, und die das unpersönliche, absolute Allumfassende (Brahman) ist. Deswegen ist es das grösste Mantra, und die regierende Gottheit ist das reine universale Absolute (Para Brahman) selbst. Und doch kann es von jedem Suchenden angenommen werden, denn es ist zur Verehrung... (aller Aspekte des Göttlichen, aller Gottheiten oder auch zur form-, namens- und eigenschaftslosen Verehrung des Absoluten gedacht).

Auch als Angehöriger einer anderen (egal welcher) Religion oder Gesellschaftsschicht (Kaste) kann man Gayatri Sadhana machen, wenn man wirklich aufrichtig, ernsthaft und vertrauensvoll ist. Das Leben wird tatsächlich gesegnet sein. Liebe Suchende, erkennt die wunderbare Stärke des glorreichen Gayatri. Erkennt klar, welches kostbare Erbe ihr in diesem Mantra habt! Schätzt diese heilige Energie (Shakti), die die Seher (Rishis) von einst hinterlassen haben, nicht gering! Das ist die einzige wahre Energie (Shakti), vor der Elektrizität, nukleare Radioaktivität und Atomkraft bloss als gewöhnliche, flüchtige, unerhebliche Belanglosigkeiten erscheinen. ...Es wird dich vor allen Gefahren bewahren, dir die unendliche Kraft geben, alle Schwierigkeiten zu überwinden, und dich zum höchsten Gipfel der Herrlichkeit, der Kraft, des Friedens und der Freude tragen.

Die Praxis von Gayatri Sadhana

Der Schöpfergott (Brahma) "molk" gleichsam aus den drei heiligen Schriften (Veden) den Buchstaben A, den Buchstaben U und den Buchstaben M, formte durch ihre Verbindung drei dreiteilige Einsilber, zusammen mit drei mystischen Worten - Bhur, Bhuvah und Svah, Erde, Himmel und Himmelreich. Gleichfalls aus den drei Veden "molk" der Herr der Geschöpfe erfolgreich, unbegreifbar und erhaben die drei Versmasse dieses unaussprechlichen Textes, beginnend mit dem Wort Tat und genannt Savitri oder Gayatri ((Manu Smriti, Kap. III).

So kam: OM Bhur Bhuva Svah; Tat Saviturvarenyam; Bhargo devasya dhimahi; dhiyo yo nah Prachodayat. "Meditieren wir über Gott (Ishwara) und Seine Herrlichkeit, der das Universum geschaffen hat, der verehrungswürdig ist, der alle Sünden und Unwissenheit beseitigt. Möge Er unseren Intellekt erhellen!"

...Nun betest du zur verehrten Mutter der Schriften der höchsten Weisheit (Veden) - Gayatri; sie gebe dir einen reinen erhabenen (sattvigen) Intellekt, der dir helfen wird zu verwirklichen - "Aham Brahma Asmi" - Ich bin das Absolute (Brahman). Das ist die nicht-dualistische (advaitische) Bedeutung des Gayatri. Fortgeschrittene Schüler im Yoga mögen diese Bedeutung nehmen: "Ich bin das höchste Licht aller Lichter, das dem Buddhi, der Intelligenz, das Licht gibt". ...Gayatri ist die Mutter der Veden und zerstört alle Sünden.

Das einsilbige OM ist ein Sinnbild des Höchsten. Es gibt nichts Läuternderes auf der Erde als das Gayatri. Wiederholung (Japa) des Gayatra bringt dieselben Früchte wie die Rezitation aller Schriften (Veden). ...Dieses einzigartige Mantra, wenn es aufrichtig und mit klarem Bewusstsein wiederholt wird, bringt das höchste Gut.

Gayatri vernichtet die vier Arten von Wunschzielen (Purushartha), nämlich Dharma, Artha, Kama und Moksha - Rechtschaffenheit, Reichtum, Wunschobjekte und Befreiung. Es zerstört die drei Granthis oder Knoten der Unwissenheit - Nichtwissen (Avidya), Begierde (Kama), Konsequenzen von Handlungen (Karma). Es ist ein grossartiger Läuterer und schenkt klares Bewusstsein. Schliesslich gibt das Gayatri Freiheit oder Befreiung vom Rad von Geburt und Tod (...von Verhaftung in der Dualität).

Die Wiederholung des Gayatri bringt letztlich die Ansicht (Darshan) von Gayatri, führt zur Verwirklichung des nicht-dualistischen absoluten Allumfassenden (advaitischen Brahman), zur Einheit des Bewusstseins, zum Einssein, und der Suchende, der zu Beginn Mutter Gayaytri um Licht bat, singt nun in überschwenglicher Freude: "Ich bin das Licht aller Lichter, ich gebe der Intelligenz (Buddhi) Licht"!

(2)

OM asatoma satgamaya,

tamasoma yortir gamaya,

mritorma amritamgamaya

 

 

Wir haben die folgende Übersetzung von Henry Marschall übernommen:

 

"Führe uns vom Unwirklichen zum Wirklichen,

von der Dunkelheit führe uns zum Licht,

vom Tod führe uns zur Unsterblichkeit."

Beseelt von dem Wunsch, Transformation zu erfahren, ohne recht zu wissen, worum wir da bitten, haben wir gesungen: mit Begeisterung, Verzweiflung, Inbrunst, Demut, Hingabe, Freude, Tränen...

Und bei jedem von uns hat ein Veränderungsprozess eingesetzt. Je nach Persönlichkeit, unmittelbar oder erst langsam, manchmal freudig erwartet aber auch mit Angst und Schmerz ins Unvermeidliche schlitternd; jeder von uns wurde gehört, und fortan sprechen wir, bevor wir dieses Mantra auf unseren Seminaren singen, die Warnung aus: "Sei dir bewusst, was du dir da wünscht - es könnte in Erfüllung gehen."

Ich möchte gerne meine persönliche Erfahrung mit diesem Mantra mit dir teilen:

Als ich die Kraft der Veränderung so richtig spürte, war es nicht so, dass ich gejubelt hätte: "Hurra, meine Welt löst sich auf." Nein, so war das nicht. Es ist nicht das passiert, was ich mir gewünscht habe. Zumindest ist es nicht so passiert, wie ich mir das vorgestellt habe. Ich gehe weiterhin nicht ohne Probleme durchs Leben, und es gab auch keinen Morgen, an dem ich aufgestanden bin und alles - oder auch nur irgend etwas - war plötzlich grundlegend anders.

Nein, diese Veränderung hat ihr Zentrum weniger im Aussen. Es ist eher so, dass ich lerne, mit dem zu leben und mit dem glücklich zu sein, was mir widerfährt, was mir das Leben bietet. Ich lerne, dass das Leben so ist, wie es ist, und nicht so, wie ich es haben möchte. Natürlich versuche ich, es so zu gestalten, wie ich es für richtig halte - aber ich werde sensibler dafür, was ich tue, wie ich fühle und denke und ob ich mich damit gegen den Fluss des Lebens wehre.

Oft genug errichte ich grosse und kleine Hindernisse, d.h. meine Persönlichkeit, kräftig unterstützt von meinen Ängsten, wehrt sich gegen das, was das Leben vor mich stellt. Manchmal ist es richtig, mich einzusetzen, und manchmal (eher oft) wird es sehr anstrengend, mich gegen den Strom zu stellen.

Das ist kein grosser Unterschied zu meinem bisherigen Leben - aber neu ist, dass aus der Kontrolle, mit der ich bisher mich und meine Umwelt (damit meine ich Menschen und Situationen) belegt habe, langsam eine "wahrnehmende, mitfühlende Distanz" in mir entsteht. Durch die nachlassende Kontrolle kommen immer öfter auch meine "Schatten ans Licht", wodurch ein wahrhaftigerer und - es wundert mich immer wieder - erfüllenderer Kontakt mit anderen Menschen entsteht. So lerne ich, manchmal sehr schmerzhaft und manchmal mit Lachen, wie es ist, wenn meine Masken zerschlagen werden und wegfallen (manche Masken sind zäh und müssen öfter bearbeitet werden)... lerne die Muster hinter meinen Neurosen kennen ... "sterbe" immer wieder mit grösstem Widerstand ... bin nicht sofort befreit, erlöst von allen Macken und glücklich.

Und das ist noch nicht alles: die Transformation, um die ich mit diesem Mantra gebeten haben, ist weitreichender, nachhaltiger, tiefgehender. Es geht immer weniger darum, einen Platz im Leben einzunehmen, den ich für angebracht halte, sondern immer mehr darum, den Platz einzunehmen, den das Leben mir zuweist. Und obwohl ich davon nach wie vor keine Ahnung habe (trotz aller Horoskope, Archetypen, Tarots, Channels, usw. ...) und mir langsam dämmert, dass das auch so bleiben wird, stellt sich ein Gefühl ein - ein Sein, ein Zustand - der mich mein Leben immer wohlwollender, immer zufriedener betrachten lässt. Ein Zustand, der mich sicherer macht... der mich diesen Weg glücklich gehen lässt, ohne zu wissen wohin.

Dafür bin ich unendlich dankbar. Das ist mehr, als ich jemals träumen konnte.


 



 

Ashtar-Linara